Presse
2007 01 23 SZ
Saarbrücker Zeitung, 23. Januar 2007
Informationswissenschaft vor dem Aus
Die einstige Zukunftsdisziplin wandelt sich an der Saar-Uni vom Studiengang zum Grundlagenfach für alle
Die Informationswissenschaft an der Saar-Universität steht mal wieder auf der Kippe. Sicher ist: Mit der Umstellung auf die Abschlüsse Bachelor und Master wird es das Fach in seiner derzeitigen Form nicht mehr geben.
Von SZ-Redaktionsmitglied Thomas Schäfer
Saarbrücken. Die Situation der Informationswissenschaft an der Saar-Uni ist verzwickt. Sie beschäftigt sich mit Wissen und seiner Vermittlung. Sie steht dabei immer auch vor dem Problem, den Vertretern der anderen Fächer auf dem Campus das Wissen vermitteln zu müssen, dass die Informationswissenschaft unverzichtbar für die Saar-Uni ist. Obwohl die Vertreter der Informationswissenschaft erklären, dass ihre Studenten gute Arbeitsmarktchancen haben, hing schon mehrfach das Damoklesschwert über dem Fach.
Durch die Umstellung auf Bachelor- und Masterstudiengänge hat der Streit um die Zukunft dieses Faches an der Saar-Universität jetzt aber nicht nur neue Nahrung bekommen. Das Fach in seiner derzeitigen Form ist am Ende. Das hat Universitäts-Präsident Volker Linneweber gegenüber der SZ nochmals betont: Ich sehe nicht, dass es einen Bachelor Informationswissenschaft geben kann. Das ist ausgeschlossen. Es sei denn, so Linneweber, dass die Informationswissenschaft mit ihrer Professur in einem noch zu benennenden Fächerverbund aufgeht. Das Modell des Computerlinguistik-Professors Hans Uszkoreit, der sich für Kooperationen auch mit der Informatik und Philosophie einsetzt, sieht dies zum Beispiel vor. Es würde aber auch bedeuten: Mit der breit aufgestellten Informationswissenschaft, wie sie bisher an der Hochschule existierte, ist es dann vorbei. Abschlussarbeiten über E-Government, Online-Strategien von Zeitungen und videobasierte Lernmaterialien wären dann nicht mehr möglich.
Allerdings ändert daran auch das zweite Modell nichts, das seit längerer Zeit immer wieder als Alternative diskutiert wird. Roland Brünken, Professor der Erziehungswissenschaft, hat es erdacht. Er leitet eine Kommission seiner Fakultät, die sich mit der Entwicklung eines integrierten Studiengangs mit Schwerpunkt empirische Bildungswissenschaft befasst. Schwerpunkte könnten Lehr- und Lernforschung, mediengestaltete Lernangebote, Schul- und Unterrichtsforschung sein. Hier möchte er die Professur der Informationswissenschaft einbinden, die bis 2006 Harald Zimmermann innehatte.
Zimmermann hat in diesem Zusammenhang von einer feindlichen Übernahme gesprochen. Professorin Ilse Harms, die sich derzeit gemeinsam mit Dr. Wolfgang Semar um die Abschlussarbeiten kümmert, fragt sich: Nehmen sie nur die Professur oder auch die Inhalte? Als Anhang der Erziehungswissenschaft würde sich die Informationswissenschaft vom eigenen Studiengang zum Grundlagenfach wandeln.
Uni-Präsident Linneweber findet diese Vorstellung sympathisch, er spricht von einem Modul für viele andere Bereiche. Im Wintersemester 2008/2009 könnten danach die ersten Germanisten, Sportwissenschaftler oder Biologen die neuen Vorlesungen besuchen, schätzt Linneweber, der allmählich jedoch auf eine Lösung drängt, die aus der Fakultät heraus kommen soll: Die Impulse müssen aus dem Bereich selbst kommen. Das muss in den nächsten Monaten passieren. Sollte das jedoch zu zögerlich geschehen, so Volker Linneweber weiter, schließe er ein Eingreifen nicht aus. Bis zum kommenden Herbst will der Präsident den Rahmenplan der künftigen Entwicklung festgeschrieben wissen.