Virtuelles Handbuch Informationswissenschaft
Zum Informationsdesign von Texten
Über Komposita
Heinz-Dirk Luckhardt
Große Unsicherheit besteht bezüglich der Schreibweise von Komposita (z.T. auch beim Autor!). Dies rührt u.a. daher, dass viele englische Komposita verwendet werden, sogenannte „string compounds“, die sich von deutschen Komposita dadurch unterscheiden, dass die Wortelemente nicht aneinander geschrieben, sondern durch Leerstellen („blanks“) voneinander getrennt werden (information retrieval, knowledge management). Komposita verhalten sich syntaktisch, im Deutschen wie im Englischen, wie ganz normale Substantive, z.B. indem sie Valenzen des Verbs füllen. Für die syntaktische Analyse bedeutet dies, dass für jedes Substantiv, das nicht anderweitig gebunden ist (z.B. als Attribut), eine Valenz beim Verb vorhanden sein muss. Wenn wir uns z.B. Satz (9*) anschauen, stellen wir fest, dass es in dem Infinitivsatz zu viele Substantive gibt, das Verb „untersuchen“ erlaubt nur ein direktes Objekt (Akkusativ-Valenz). Wäre dies ein englischer Satz, wuerde „Text Dokumente“ als string compound zusammen eine Valenz füllen. Im Deutschen geht das nicht, die Elemente müssen fest verbunden werden: Textdokumente oder Text-Dokumente.
- (9*) In dem Bereich geht es darum Text Dokumente und Hypertext Dokumente näher zu untersuchen.
(9) In dem Bereich geht es darum, Textdokumente und Hypertextdokumente näher zu untersuchen.
Schwieriger wird es, wenn mehr als 2 Komponenten oder englische und deutsche Wörter miteinander verbunden werden sollen. (10) ist noch unproblematisch, da „Frankfurt“ als Apposition alleine stehen darf:
- (10*) … ein Seminar an der Goethe Universität Frankfurt.
(10) … ein Seminar an der Goethe-Universität Frankfurt.
„Mensch-Maschine Kommunikation“ in (11*) ist nach dem Muster des englischen string compounds „man-machine communication“ gebildet worden und müsste den deutschen Regeln gemäß „Mensch-Maschine-Kommunikation“ lauten. Zu vermuten ist noch, dass der Autor “ … und Mensch-Maschine-Interaktion“ meint, was man mit einem zusätzlichen Bindestrich als Plazuhalter ausdrücken kann (ähnlich auch (12)):
- (11*) Die Geschichte der Mensch-Maschine Kommunikation und Interaktion …
(11) Die Geschichte der Mensch-Maschine-Kommunikation und -Interaktion …
(12*) … neue Technologien zur Wissensaufbereitung und Vermittlung …
(12) … neue Technologien zur Wissensaufbereitung und -vermittlung …
Als letztes Problem soll hier die Kombination deutscher und englischer Wörter genannt werden: „Information-Retrieval-Anwendung“ wäre vermutlich korrekt, wobei man „Information-Retrieval“ zu einem deutschen Wort gemacht hätte. „Information Retrieval“ allein wäre auch korrekt, wobei dies dann seinen englischen Charakter behielte.