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Virtuelles Handbuch Informationswissenschaft

Informationsgesellschaft und Informationskultur

Informationskultur als gemeinsame Aufgabe von Wissenschaft und Wirtschaft

Heinz-Dirk Luckhardt

Die Argumentationen der referierten Artikel (siehe: Die Rolle der Universitäten in der Informationsgesellschaft, Informationswirtschaft und Informationskultur und Perspektiven der Informationsgesellschaft: die zukünftige Rolle der Wissensinstitutionen) dürften klar gemacht haben, dass die Schaffung und Wahrung einer Informationskultur eine gemeinsame Aufgabe von Wissenschaft und Wirtschaft ist. Kein Bereich darf den anderen dominieren, keiner darf auf althergebrachten und evtl. überkommenen Idealen beharren. Das bedeutet konkret, dass wirtschaftliche Erwägungen nicht die alles beherrschenden Kriterien für die zukünftige Gestaltung der Universitäten sein dürfen, dass andererseits den Universitäten in einer Informationsgesellschaft neue Aufgaben und Forschungsgebiete zuwachsen.

Eine Aufgabe der Universitäten wird sein, nachdem sie jahrhundertelang an den Grundlagen und Methoden der Schriftkultur mitgestaltet haben, die Multi-Media-Informationskultur wissenschaftlich zu begleiten und insbesondere Ideen und Vorgaben zum Problem der Qualitätssicherung im Bereich Wissensproduktion und -bewahrung zu liefern.

Eine Schlussbemerkung am Rande: eine Stärkung der Informationswissenschaft (als Wissenschaft von der Information bzw. Informationskultur) kann durchaus beim Übergang der Universitäten von der Schrift- zur Multi-Media-Informationskultur und allgemein bei der Etablierung einer Informationskultur eine Rolle spielen. Im Hinblick auf die von Schumacher angesprochenen Defizite sollte sie insbesondere an der Wahrung des Nutzerinteresses und der Sicherstellung der Qualität von Informationsdiensten mitarbeiten. Dazu aber die folgenden Anmerkungen:

  • Die Universitäten – und ihre Untergliederungen wie die Fakultäten – tun sich schwer mit der Integration neuer Fächer, besonders wenn dies das Umschichten von Mitteln bzw. den Verzicht auf eigene Pfründe bedeutet. Dies erklärt zum Teil die Schwierigkeiten beim Ausbau des Fachs Informationswissenschaft.

  • (Bildungs-)Politik und Wirtschaft verbinden – wenn es um die akademische Ausbildung geht – mit Begriffen wie „Informationsgesellschaft, Informationstechnologie“ fast ausschließlich die Informatik. Mit Blick auf die oben erwähnte Aufgabe der Qualitätssicherung sind es aber Fächer wie die Informationswissenschaft und die Rechtsinformatik oder auch die traditionellen Fächer wie die Germanistik oder die Soziologie, von denen entscheidende Beiträge erwartet werden können und die im Hinblick auf ihre Aufgaben bei der Gestaltung einer Informationskultur gefördert werden müssten.

  • Auch den Medien (Presse, Hörfunk, Fernsehen) gelingt es nicht immer, sich einen unvoreingenommenen Blick auf die „Informationsgesellschaft“ zu bewahren, auch hier gibt es Beispiele, wo Marketing über Information gestellt wurde und man sich wenig um die Informations“kultur“ scherte. Diesen Eindruck bekommen vor allem diejenigen, die einige von Presseorganen ins Netz gestellte Portale durchschreiten. Hier dominiert der Kommerz, der Besucher zählt nur als Konsument, nicht aber als Informationssuchender (es hat keinen Zweck, hier Beispiele zu nennen, das Web ist dazu zu schnelllebig!). Und in solchen Fällen zählt die Ausbildung in Informationswissenschaft natürlich weniger als z.B. die in wirtschaftswissenschaftlichen Fächern.

  • Zum Schluss zwei Beispiele dafür, wie man sich eine Beteiligung der Universitäten, speziell von Fächern wie der Informationswissenschaft oder Institutionen wie den Universitätsbibliotheken, am Aufbau einer Informationskultur vorstellen könnte. Das erste Beispiel ist schon Vergangenheit. In den frühen 90er Jahren (des 20. Jahrhunderts) existierte für kurze Zeit ein Vorgängersystem des WWW, der sogenannte GOPHER, wie das WWW ein verteiltes, weltweites Informationssystem, aber ohne Hypertextfunktionalität und nicht multimedial. An der Philosophischen Fakultät der Universität des Saarlandes wurde im schon damals vorbildlichen CIP-Computer-Pool (von Studierenden u.a. der Informationswissenschaft) im GOPHER-System eine Textsammlung „gegen die Ausländerfeindlichkeit“ präsentiert, die weltweite Beachtung fand. Wo anders lässt sich ein solches Textgedächtnis vorstellen als an einer Universität?

Das zweite Beispiel ist aktuell: unter der Adresse http://scidok.sulb.uni-saarland.de/ hat die Saarländische Universitäts- und Landesbibliothek den Wissenschafts-Server SciDok ins Netz gestellt, auf dem wissenschaftliche Arbeiten aller Art zur Verfügung gestellt werden. Dies ist ein gutes Beispiel dafür, wie Institutionen ihre (sicherlich knappen) Ressourcen dazu nutzen können, ihren Beitrag zur Wissensbewahrung zu leisten.

 

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