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Diskussionsbeiträge

Neuere Erkenntnisse über den Infoholismus und das ZEK-Syndrom

Infoholic ist eine der Zusammensetzung „Workaholic“ nachempfundene Neuschöpfung aus „Information“ (oder kurz: „Info“) und „alcoholic“ = „Alkoholiker“ (vgl. dazu DUDEN, das große Wörterbuch der deutschen Sprache in sechs Bänden, Mannheim 1981, Band 6, S. 2901): „jemand, der unter dem Zwang leidet, ununterbrochen Informationen zu verbreiten oder konsumieren zu müssen“.

Als einer der ersten Infoholics gilt in Fachkreisen interessanterweise J.W. von Goethe, was nach Auffassung vieler Psychologen v.a. durch seine Äußerungen in „Dichtung und Wahrheit“, aber auch in anderen seiner autobiographischen Schriften (u.a. der „Italienischen Reise“) zu belegen ist (vgl. „Goethe lost in Hyperspace„).

Was lange Zeit jedoch eher eine individuelle Krankheit war, scheint sich jetzt – begünstigt durch die neuen Medien, allen voran Internet und WWW – explosionsartig zu verbreiten: Von den derzeit (1995) weltweit rd. 40 Millionen Menschen, die Internet-Nutzer sind, leiden bereits (vgl. eine entsprechende Studie der Uni-Klinik Homburg, Saar, vom Sommer dieses Jahres) drei Prozent nachgewiesenermaßen unter Infoholismus; die Dunkelziffer wird weitaus höher geschätzt. Amerikanische und französische Wissenschaftler haben inzwischen wesentliche Symptome diagnostiziert, die zudem den Vorteil haben, daß sie jeder Betroffene – vergleichbar der Rauchsucht – an sich selbst feststellen kann:

Ein Vorstadium des Infoholismus liegt bereits vor, wenn jemand

  • mehr als 3 Stunden täglich im Internet „surft“ oder
  • mehr als 4 Stunden täglich – ob privat oder beruflich „e-mailt“ (passiv wie aktiv); hier spricht man auch vom ZEK-Syndrom (Zwanghafte Elektronische Kommunikation)

Auch bei den folgenden Symptomen kann man – so die Meinung der überwiegenden Zahl der Wissenschaftler – noch keine Abhängigkeit konstatieren, doch Vorsicht ist angebracht, wenn das sog. Infoholismus-Inkubationsstadium (bei Fachleuten kurz IHIS genannt) beispielsweise anhand eines der folgenden Symptome erkennbar wird

  • Surfen und / oder E-mail im Internet mit (zusammengenommen) mehr als 6 Stunden täglich;
  • starke Reduktion der direkten „realen“ Kommunikation unter Verwechslung real anwesender Personen (Freunde, Familienangehörige, Kolleginnen oder Kollegen) mit „reinen“ E-mail- oder Cyberspace-Partnern;
  • ständiges Beobachten eines an- oder ggf. auch ausgeschalteten Bildschirms bzw. Fernsehgeräts (auch wenn dort beispielsweise nur ein Bildschirmschoner läuft);
  • Telefonieren mit einem wasserdichten Handy während des Rückenschwimmens im Badeurlaub

Von ausgebrochenem Infoholismus (Fachabkürzung: IHISX) spricht man jedoch erst, wenn der Patient / die Patientin beispielsweise

  • einen Kriminalroman nicht mehr von der ersten zur letzten Seite lesen kann, sondern ständig hin- und herblättert;
  • auf der Toilette einen Fernseher und / oder einen PC installiert hat und zudem jedesmal ein Handy mitnimmt, wenn er / sie dort zu tun hat

In den meisten Fällen – so die ersten, allerdings noch vorläufigen Erfahrungen mit der Behandlung – gelingt es, bei Früherkennung der Suchterscheinungen durch Beratung gegenzusteuern. Entsprechende Beratungsstellen können durch Verwendung der Schlagwörter „Infoholic“ und „Advice“ im WWW / Internet aufgesucht werden.

Wer feststellen sollte, daß er schon stark gefährdet ist (eine Bitte an etwaige E-mail-Partner: machen sie die betreffende Person auch von sich aus auf das Problem aufmerksam), kann sich an eine der inzwischen bestehenden Selbsthilfegruppen im Internet wenden. Auch hier hilft eine Schlagwortsuche (mit „Infoholic“ und „Self-Control“) weiter.

Sollten Sie jetzt versucht sein, diese Schlagwörter zu recherchieren , so denken Sie bitte daran, daß dies schon ein Anzeichen für beginnenden Infoholismus sein kann. Seien sie einmal standhaft und verlassen Sie ohne weitere Umstände das Internet — jetzt!

Kommentare bitte an: h.zimmermann@is.uni-sb.de
Version: 1.0; Datum: 1995-12-3; DOK: D37UINF.ASC
 

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