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Studium Informationswissenschaft

Virtuelles Handbuch Informationswissenschaft

7. Der Gegenstand der Informationswissenschaft

Nutzungs- und Bedarfsanalyse

Heinz-Dirk Luckhardt

Worum geht es bei der Nutzungs- und Bedarfsanalyse von Informationssystemen?

Wo und wann entsteht Informationsbedarf? Wie stellt man ihn fest? Kann man ihn messen? Wie stellt man fest, ob ein Informationssystem einen Informationsbedarf befriedigt? Benutzeranalyse – Benutzungsanalyse: gibt es außer dem sprachlichen auch einen inhaltlichen Unterschied? Provokativ formuliert: Informationstechnologie an sich ist sinn- und nutzlos, solange sie nicht die Bedürfnisse der Menschen einbezieht; der Effizienzbegriff der Informatik zielt solange ins Leere. Nicht das System ist das Ziel, sondern der Nutzen für den Menschen.

Einführung

Der „Benutzerforschung“ war noch in der 3. Auflage der informationswissenschaftlichen „Bibel“ (Beitrag von I. Schäuble in Buder/Rehfeld/Seeger 1990) ein eigenes Kapitel gewidmet, in der 4. Auflage (1997, Beitrag von M. Kluck) ist eine Schwerpunktverschiebung erfolgt. Das entsprechende Kapitel heisst „Methoden der Informationsanalyse. Eine Einführung in die empirischen Methoden der Informationsbedarfsanalyse und der Markt- und Benutzerforschung“. Es stehen hier also die empirischen Methoden im Mittelpunkt, unter besonderer Anwendung auf die Marktforschung. Auch scheint eine Erweiterung des Feldes (bisher: Anwendung auf traditionelle Dokumentations- und Informationsstellen, z.B. Bibliotheken) um neue Formen der Informationsgewinnung und -bereitstellung und somit eine Neuorientierung innerhalb des Wissenschaftsgebiets, das bisher Benutzerforschung hieß, nötig zu sein.

Allgemein gesehen beschäftigt sich die Benutzungs- und Bedarfsanalyse mit Fragen, die bei der Planung, Entwicklung und Nutzung von Informationssystemen jeglicher Art eine Rolle spielen und die den Menschen als Nutzer solcher Systeme im Mittelpunkt sehen. Es geht um die verschiedensten Typen und Inhalte von Informationssystemen, um WWW-Pages genauso wie um Bibliotheken oder CD-ROM-Kataloge, um touristische, medizinische, ökologische, materialwissenschaftliche oder andere Inhalte.

Werkzeuge zur Ermittlung / Befriedigung des Informationsbedarfs

Es stehen die folgenden Werkzeuge zur Verfügung, die in Abhängigkeit von den jeweiligen Gegebenheiten zu prüfen und einzusetzen sind:

  • Interviews mit Systembetreibern
  • Befragung von Nutzern
  • Umfrage bei Nutzern
  • Beobachtung von Nutzern und Analyse
  • FAQ-Systeme (häufig gestellte Fragen): Auswertung von Anfragen
  • Selbsttest
  • Hotline
  • frühere Erfahrungen mit anderen/ähnlichen Systemen
Ermittlung des Informationsbedarfs und Analyse des Informationsangebots

Informieren, sich informieren, zwei Tätigkeiten, die auf das Gleiche hinauslaufen sollten: dass nämlich Information beim Informationssuchenden entsteht. Dazu gehört aber, dass der eine weiß, wie man informiert, und der andere weiß, wie man sich informiert. Für die Benutzungs- und Bedarfsanalyse heißt das, dass der Informierende etwas über sein Zielobjekt, den zu Informierenden, weiß. Für diesen wiederum ist es interessant zu wissen, auf welche Nutzer und Nutzungsarten der Systementwickler sein System abgestellt hat.

Grobe Vorgehensweise:

Auswahl eines (existierenden oder geplanten) Informationssystems

Systemanalyse

1. Bedarfsanalyse (gibt es für das System Bedarf?)

Ziele/Zielgruppen
Wissensbasis (Inhalte des Systems)
Benutzungsschnittstellen
Serviceangebote
Kosten

Nutzungsanalyse

Wer nutzt, wann, wie, was, welche Systemteile?
(Bewertungskriterien: s.u.)

2. Bedarfsanalyse

Abgleich Nutzung/Bedarf:
befriedigt das System den Bedarf?
(oder ist es z.B. nur politisch „gewollt“?)

Systembewertung

Einige Kriterien

eingesetzte Medien: Bücher, Broschüren, Artikel; Anzeigen; CD-ROM; Internet; Online-DB, Auskunftstheke; Telefon; Online-Dienste (AOL, T-Online);

Bewertung des Informationsmaterials (quantitativ/qualitativ): Größe der Datenbank, Anzahl Bücher/Zeitschriften, ausgewertete Schriften, Informationsaufbereitung/-präsentation

(Sach-, Personal-) Etat / Kosten

Auswertung von Anfragen: Anzahl von (beantworteten) Anfragen, genauere Statistiken über Nutzer und die Inhalte ihrer Fragen

Anforderungen an Nutzer: Internet-Anschluß, Telefon, PC (CD-ROM), Mobilität, Intelligenz,

Anforderungen an Informationsarbeiter: PC-Kenntnisse, kommunikatives Verhalten, Spezialausbildung

Benutzungsschnittstelle: Interfacedesign, Benutzungshilfen,

Service-Leistungen: persönliche Auskunft, Materialversand, Beratung, Online-Recherchen, Vermittlung, Dossiererstellung,

Literatur

ARD/ZDF-Onlinestudie 2009: Die Internetnutzer 2009 – multimedial und total vernetzt? http://www.ard-zdf-onlinestudie.de/

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Fidel, Raya et al. (1999): A Visit to the Information Mall: Web Searching Behavior of High School Students. JASIS 50(1):24-37

Graumann, Sabine; Willi Bredemeier; Bärbel Köhne (2002): Aktualisierte Grundlagenstudie zur Informationswirtschaft. In: NfD 53 (2002:4), 211-220

Grossmann, S.; M. Rittberger (1999): Elektronischer Marktplatz Bildung. Umfeldanalyse und Konzeption. In: Nachrichten für Dokumentation (NfD) 50 (1999) 13-23

Harms, Ilse; Werner Schweibenz; Johannes Strobel (2002): Usability Evaluation von Web-Angeboten mit dem Web Usability Index. Erschienen in: Proceedings der 24. DGI-Online-Tagung 2002 – Content in Context. Frankfurt am Main 4.-6. Juni 2002. Frankfurt/Main: DGI, 283-292.

Heinisch, Christian (2001): Zur Usability von anbieterunabhängigen Metasuchoberflächen für die Fachinformationsrecherche im Invisible Web. In: ABI-Technik 21, 4/2001, 312-317

Initiative D21 (2009): Der (N)Onliner-Atlas. http://www.nonliner-atlas.de , 23.06.2010

Jakob, Nikolaus; Schoen, Harald; Zerback, Thmomas (Hrsg., 2009): Sozialforsschung im Internet-Methodologie und Praxis der Online-Befragung.

Kind, Joachim; Arno Weigend (2001): Informationsspezialisten Darmstädter Prägung. Ergebnisse der Absolventenbefragung 2000. NfD 52 (1-2001) 41-47

Klatt, Rüdiger; Konstantin Gavriilidis; Kirsten Kleinsimlinghaus; Maresa Feldmann (2001): Barrieren der Nutzung elektronischer wissenschaftlicher Information in der Hochschulausbildung. In: NfD 52 (2001): 6, 339-345

Kluck, Michael (2004): Methoden der Informationsanalyse. In: Kuhlen/Seeger/Strauch , Kap. B13, 271-288

Kuhlen, Rainer; Thomas Seeger; Dietmar Strauch (Hrsg., 2004): Grundlagen der praktischen Information und Dokumentation. 5. Auflage. München: K. G. Saur

Reichmann, Gerhard (2001): Benutzerstruktur, Benutzerverhalten und Benutzerzufriedenheit. Nachrichten für Dokumentation 52 (2001:7) 393-400

Roßmann, Nicola (2002): Die Usability der Homepage des Landtags NRW. In: NfD 53 (2002:8), 461-467

Soergel, D. (1985): Organizing Information. Kap. 6 „Systems Analysis“. Orlando et al.: Academic Press, 69-91 (vgl. auch: http://is.uni-sb.de/studium/handbuch/system/soergel.php )

Wagner-Döbler, Roland (2001): Die Nutzung von Zitationsindizes durch deutsche Soziologen. Ergebnisse einer Umfrage. In: NfD 52 (2001:7), 401-405

Spezielle Artikel zur Online-Nutzung (Internetsucht etc.)

Eichenberg, Christiane; Ralf Ott (1999): Suchtmaschine – Internetabhängigkeit: Massenphänomen oder Erfindung der Medien? c’t 19/99, S. 106 .
http://www.heise.de/ct/99/19/106 , 18.2.03

Zimmerl, H. D.; B. Panosch, J. Masser (1998): „INTERNETSUCHT“ – Eine Neumodische Krankheit ? Versuch einer Antwort anhand einer Untersuchung der Applikation: Chatroom. „Wiener Zeitschrift f. Suchtforschung“, Jahrgang 21, Nr 4/98, API/Eigenverlag.
http://gin.uibk.ac.at/gin/freihtml/chatlang.htm , 18.2.03

Hahn, André; Matthias Jerusalem (2001): Internetsucht: Jugendliche gefangen im Netz. in:Raithel, J. (2001) (Hrsg.). Risikoverhaltensweisen Jugendlicher. Erklärungen, Formen und Prävention. Opladen: Leske + Budrich.
http://www.onlinesucht.de/internetsucht_preprint.pdf , 18.2.03

 

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