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Studium Informationswissenschaft

Virtuelles Handbuch Informationswissenschaft

7. Der Gegenstand der Informationswissenschaft

Ilse Harms
Heinz-Dirk Luckhardt

Mit dem Informationprozess als Teil eines zumeist medienvermittelten Kommunikationsprozesses beschäftigt sich die Informationswissenschaft. Information betrachtet sie dabei nicht als neutrale Größe, denn sie definiert sich vom Benutzer her: Was für eine Person eine Information ist, mag für die andere keine sein, weil sie sie nicht versteht oder vielleicht schon weiß. Der umgangssprachlich verwendete Begriff Information birgt also bestimmte Schwierigkeiten und definitorische Ungenauigkeiten in sich, deshalb spricht die Informationswissenschaft vom Wissenstransfer und dem dabei stattfindenden Informationsprozess, um den einer Informationsübertragung immanenten Prozesscharakter zu markieren (vgl. auch: Informationssuche und Wissensordnung).

Jede Wissenschaftsdisziplin hat ihren originären Forschungsansatz (Paradigma) und verfügt über eine eigene Fachterminologie. „Die Sprache einer Wissenschaft unterscheidet sich von der gängigen Alltagssprache vor allem dadurch, dass sie über eine sog. Terminologie verfügt, d.h. über eine Anzahl von Symbolen („Termini“), deren Bedeutung möglichst eindeutig feststeht. Auf diese Weise wird versucht, insbesondere jene Sprachbarrieren, die auf der gegenständlichen Ebene von Kommunikation anzusiedeln sind, zu vermeiden bzw. gering zu halten“ (Burkart, Roland 1983: Kommunikationswissenschaft. Boehlau Verlag, S. 95.

Ein gelungener Informationsprozess – in informationswissenschaftlichem Sinne eigentlich eine Tautologie – liegt dann vor, wenn z.B. Wissen von einer Person zur anderen transferiert wurde (vgl. Exkurs: Informationssysteme ). Ausgangspunkt des originären Forschungsansatzes der Informationswissenschaft ist der Mensch, der ein Problem zu lösen oder eine Entscheidung zu treffen hat und dem das dazu notwendige Wissen fehlt. (Dass das Wissen über das Nicht-Wissen ein existentielles Problem ist, soll nicht verschwiegen, aber hier auch nicht ausgeführt werden.) Sie focussiert demnach problemlösende Informationen und definiert Information als Wissen in Aktion, d.h. Information ist die Teilmenge von Wissen, die zur Lösung von Problemen benötigt wird.

Wenn wir vor einem Problem stehen, dann sieht die Vorgehensweise i.d.R. so aus, dass wir zuerst unser Wissen – als interne Quelle – zur Lösung einsetzen. Reicht unser Wissen nicht aus, dann müssen wir unser vorhandenes Wissen ausweiten. Das benötigte Wissen befindet sich also extern und muss in Rahmen eines Kommunikationsprozesses eingeholt werden. Diese externe Quelle kann ein Mensch sein oder ein (von Menschen geschaffenes) Informationssystem / Medium.

Damit dieser Wissenstransfer glückt, bzw. erfolgreich ist, muss dieses Wissen:

  1. in Informationen im Hinblick auf den Nutzer und seine situativen und kognitiven Voraussetzungen transformiert werden (Informationsarbeit), damit dann
  2. die Informationen in den Wissensbestand übernommen werden können und damit zu handlungsrelevantem Wissen werden (Informationsverarbeitung).

In Bezug auf das Verhältnis von Wissen und Information sprechen wir also von einem doppelten Transformationsvorgang. Die Ausgabe von internem Wissen und das Einholen bzw. das Einbetten von externem Wissen in den eigenen Wissensbestand besteht unter dem Aspekt der Anwendungsbezogenheit (dem sog. pragmatischen Primat) nicht nur in einem einfachen Übergabeprozess, sondern erfordert eine Transformation, d.h. eine Umwandlung des Wissens im Hinblick auf den Empfänger und das zu lösende Problem. Die Transformation wird beinflusst von Kontingenzfaktoren, d.h. durch Rahmenbedingungen, die durch die Sache, z.B. durch die Problemstellung, die situativen Bedingungen und durch die beteiligten Individuen, z.B. deren affektive und kognitive Voraussetzungen strukturiert werden.

Wissensveränderung findet nur da statt, wo Informationen in vorhandene Wissensstrukturen sinnvoll integriert werden können. Hierzu bedarf es also einer Umwandlung des externen Wissens in Informationen, die sich an den individuellen rezeptiven und kognitiven Kompetenzen des Empfängers orientiert, damit sie von diesem adaptiert werden können. Diese Form der benutzerorientierten Aufbereitung von Information wird durch Informationsarbeit geleistet. Informationsarbeit ist ein mehrwerterzeugender Prozess. Er schließt die Wissensaquisition, die mehrwerterzeugende Transformation und die sach- wie benutzerorientierte Präsentation mit den Mitteln der IuK-Technologie mit ein (vgl. u.a. Kuhlen, Rainer 1990: Zum Stand pragmatischer Forschung in der Informationswissenschaft. In: J.Herget, R.Kuhlen (Hrsg.): Pragmatische Aspekte beim Entwurf und Betrieb von Informationssystemen. Proceedings des 1.Internationalen Symposiums für Informationswissenschaft. Konstanz, S.13-18).

Auf die zentrale Thematik der informationellen Mehrwerte geht Kuhlen insbesondere in seinem Buch „Informationsmarkt“ (1995, S. 80ff.) ein. Eine Systematisierung der durch die verschiedenen Formen von Informationsarbeit entstehenden Mehrwerte ergibt 3 verschiedene Typen:

  1. Produktbezogene informationelle Mehrwerte;
  2. Organisationsbezogene informationelle Mehrwerte;
  3. Wirkungsbezogene individuelle informationelle Mehrwerte.

Gegenstand der Informationswissenschaft sind Informationsprozesse/bzw. der Wissenstransfer in:

  • Wissenschaft
  • Industrie
  • Wirtschaft
  • Politik
  • Verwaltung

Ihr Ziel:

Vorhandenes Wissen soll

  • schnell
  • problembezogen
  • nutzeradäquat

vermittelt werden.

Die Methoden und Verfahren der Informationswissenschaft beziehen sich dabei auf

  • Sammlung
  • Selektion
  • Verdichtung
  • Vermittlung
  • Bereitstellung
  • Präsentation

von Wissen

und werden unter dem Begriff „Informationsarbeit“ zusammengefasst.

Links zum Thema

Exkurs: Informationswissenschaft als postmoderne Wissenschaft

Exkurs: Was ist eine Theorie?

Exkurs: Informationssysteme

Informationssuche und Wissensordnung

 

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