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Presse

1999 11 10 SZ

Saarbrücker Zeitung 10.11.1999

Lehrt der Professor bald per Bildschirm?

Am „Tag der Universität“ wurde die Zukunftsvorstellung der virtuellen Hochschule diskutiert – Erste praktische Ansätze Überfüllte Hörsäle und Anwesenheitslisten könnten an Universitäten bald der Vergangenheit angehören.

Studiert wird von zu Hause aus, nur ein Internet-Anschluss und ein Computer sind dazu notwendig.
  • – Von MARKUS FRANK
Saarbrücken. Beim „dies universitatis“ , dem Tag der Universität, diskutierten gestern an der Universität des Saarlandes in Saarbrücken Lehrbeauftragte verschiedenster Fachrichtungen über die Zukunft des Studiums. Muffige Bibliotheken und prall besetzte Seminarräume kamen in dem visionären Konzept nicht mehr vor – die Rede war von der „Virtuellen Saar Universität“ , der „VISU“ , wie das Projekt derzeit genannt wird. Abi~turienten suchen sich im Internet ihren Studiengang aus, schreiben sich per elektronischer Post ein und studieren ganz bequem vom heimischen Schreibtisch aus. Die Dozenten kommen per Videokonferenz samt fertiger Vorlesungs-Mitschrift via Internet in die Studentenbude. Der Student kann sich zur Vertiefung des Themas in die Vorlesung an einer anderen Uni einschalten und hat so die Chance, die Qualität der eigenen Uni zu überprüfen. So könnte auch die Sprechstunde in den Räumen der Uni zu einem Relikt werden: Kommuniziert wird per E-Mail-Kontakt. Während des Studiums muss der persönliche Kontakt zum Lehrstuhl aber nicht abreißen: Tele-Tutoren betreuen die Studierenden und helfen bei Fragen weiter. Hochentwickelte Lernprogramme passen sich dem Kenntnisstand des Studierenden an, überprüfen den Lernerfolg und zeigen, wo noch nachgebessert werden muss. Auch wenn das Konzept „Virtuelle Saar Universität“ visionär klingt, existieren an der Saarbrücker Uni bereits konkrete Ansätze. Exemplarisch stellten Wissenschaftler neue Lehr- und Lernformen vor. Professor Dr. Harald Zimmermann vom Fachbereich Informationswissenschaft präsentierte den „Virtuellen Lehrstuhl VILI“ . Seit gut einem Semester finden seine Studenten im „VILI“ fast den kompletten Verwaltungsapparat des Lehrstuhls, kommentierte Vorlesungs-Verzeichnisse und Seminarübersichten „VILI“ ist das digitalisierte „schwarze Brett“ des Fachbereichs. Auch die Juristen bieten Studenten schon ein Internet-Lehrmodell an: Im virtuellen Dorf „Saarheim“ ereignen sich Vorfälle von juristischer Bedeutung. Per Mausklick kann der Studierende eine Entscheidung treffen – und sie sofort überprüfen lassen. 100000 Zugriffe verzeichnet „Saarheim“ jetzt bereits jede Woche. „Eine Zahl, die vielen professionellen Anbietern Tränen in die Augen treibt“ , meinte Professor Dr. Helmut Rüssmann während der „Saarheim“ -Vorstellung. Digital studieren kann man bereits ganz konkret in „Winfoline“ , einem bislang größtenteils ergänzend genutzten Studienangebot der Saarbrücker Wirtschafts-Informatiker. Von der Rückmeldung bis zur Vorlesung läuft hier alles über das Internet. Kritische Diskussionen zu Veranstaltungen finden im „Chat-Room“ statt und ein Lernkonto verbucht Wissen. Derzeit greifen rund 60 Studierende auf das Angebot zurück. Am Lehrstuhl für Erziehungswissenschaften entwickelte Benedikt Klein „Incops“ . Das Programm zur Einführung in die kognitive Psychologie passt sich nach einer Abfrage des Wissensstandes dem Lernenden automatisch an. So werde Lernen „schnell und effektiv“ möglich. Das Programm führt den Studierenden interaktiv durch 500 Textseiten und Prüfungsmöglichkeiten mit 2100 Fragen. Klein, der parallel zum Lernen mit „Incops“ eine Lehrveranstaltung anbietet, hat bislang gute Erfahrungen gemacht: „Die Studierenden kommen besser vorbereitet an die Uni.“ Während am Vormittag des „dies universitatis“ Saarbrücker Internetprojekte zur Lehre vorgestellt wurden, diskutierten die Wissenschaftler am Nachmittag die Zukunft der Hochschulen. Dass „die Universität des Saarlandes auf dem Weg in die Informationsgesellschaft“ – so das Motto des Uni-Tages – allerdings noch einige Probleme aus dem Weg räumen muss, machte die Technik am Nachmittag klar. Aus Köln zugeschaltet werden sollte Professor Wolfgang Leidhold. Während der Referent schon auf der Leinwand zu sehen war, blieb der Ton 30 Minuten aus. Per E-Mail gingen die Wissenschaftler in Saarbrücken und Köln dem Fehler nach. Im anschließenden Referat zeichnete Leidhold eine Zwei-Klassen-Hochschule: „Wir werden bald eine Profi-Liga von Studenten haben, die per Internet lernen.“ Die Amateure blieben an den Universitäten, meinte Leidhold. Trotz des interessanten Themas blieben die Plätze der Hörsäle fast leer. Am Vormittag kamen rund 30 Zuhörer und am Nachmittag verteilten sich etwa 70 Interessierte im riesigen Audimax.
 

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