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Diskussionsbeiträge

Informationswissenschaftlicher Reader

Gesellschaft

Informationsarmut und Informationsreichtum

„Was ist und wie entsteht Informationsarmut und Informationsreichtum?“  Informationsreiche und Informationsarme waren in vergangenen Jahren oft gleichbedeutend mit politischen, ökonomischen und sozialen „Reichen“ und „Armen“. Das Motto aus den Anfängen der sozialdemokratischen Bewegung „Wissen ist Macht“ betont diesen Unterschied und impliziert, daß Wissenserwerb zu Macht und Reichtum führt. Alle Institutionen, die Anfang dieses Jahrhunderts entstanden, wie Volkshochschule, Abendschulen (Großbritannien) und auch die öffentlichen Bibliotheken sollten die unteren Schicht z.B. die Arbeiterklasse, am Wissen und an den Informationen teilhaben lassen. Aber die patriotische Gesellschaft in Hamburg, Vertreter des Bürgertums, und adlige Vertreter in Großbritannien unterstützten diese Bewegung aus der Überzeugung heraus, daß unwissende und uniformierte Arbeiter der Volkswirtschaft schadeten.

Ein weiterer Text zu diesem Thema von Wolfgang von Keitz, 18.10.1996


„Was ist und wie entsteht Informationsarmut und Informationsreichtum?“

 Informationsreiche und Informationsarme waren in vergangenen Jahren oft gleichbedeutend mit politischen, ökonomischen und sozialen „Reichen“ und „Armen“. Das Motto aus den Anfängen der sozialdemokratischen Bewegung „Wissen ist Macht“ betont diesen Unterschied und impliziert, daß Wissenserwerb zu Macht und Reichtum führt. Alle Institutionen, die Anfang dieses Jahrhunderts entstanden, wie Volkshochschule, Abendschulen (Großbritannien) und auch die öffentlichen Bibliotheken sollten die unteren Schicht z.B. die Arbeiterklasse, am Wissen und an den Informationen teilhaben lassen. Aber die patriotische Gesellschaft in Hamburg, Vertreter des Bürgertums, und adlige Vertreter in Großbritannien unterstützten diese Bewegung aus der Überzeugung heraus, daß unwissende und uniformierte Arbeiter der Volkswirtschaft schadeten.

 Der Zugang zu den Informationen charakterisierte die Betriebshierarchie. Die Hauptaufgabe des mittleren Managements war der Informationstransfer nach „unten“ und „oben“. Die Krise des mittleren Managements ist heute eine Krise dieser hierarchischen Struktur in Wirtschaft und Gesellschaft. Aufgrund der immer komplexer werdenden Struktur moderner Gesellschaften und der technischen Mittel, die zur Verfügung stehen, sind Untergebene sehr oft besser informiert als ihre Vorgesetzten. Der Zugang zu den Informationen ist jedem im Betrieb bei genügender Ausstattung möglich.

 Regionale Unterschiede

 Regionale Unterschiede zwischen Informationsreichen und Informationsarmen wurden das erste Mal in den sechziger Jahren in den USA definiert und zwar zwischen Stadt und Land. Sie sollten durch ein Bundesprogramm ausgeglichen werden, das u.a. zu einer Blütezeit der Schulbibliotheken führte. Nach Ablauf dieses Bundesprogramms kamen aber die alten Unterschiede krasser als vorher zum Vorschein, so daß der „information-gap“ zwischen den ländlichen und städtischen Regionen als Ursache dafür angeführt wurde, daß die Bauern 1987 der landwirtschaftlichen Krise nicht adäquat begegnen konnten 1). Das Landwirtschaftsministerium war bereit, ländliche Informationszentren einzurichten, um auf nationaler Basis die ländliche Bevölkerung mit Informationen zu versorgen. Parallel zu dieser Einrichtung wurde die oft einzige öffentliche Institution der Informationsversorgung auf dem Lande, die öffentliche Bibliothek, einer Prüfung unterzogen, die jetzt neben den Funktionen der Freizeit, der Aus- und Fortbildung nun doch die Informationsversorgung übernehmen sollte. Im Gegensatz zu den oft geäußerten Argumenten in Deutschland, daß eine Bibliothek keine Informationsdienstleistungen zur Verfügung stellen kann, weil sie ungenügend ausgerüstet ist, wurde in den USA fast durchgängig mit der ungenügenden Ausbildung des Personals für diese Aufgabe argumentiert 2). Um seine These zu erhärten, daß nur eine Investition in die Ausbildung des Personals öffentlicher Bibliotheken den Informationsrückstand ländlicher Gebiete aufheben kann, verweist Barrón auf Theranian 3), der für den Einsatz und Gebrauch der Informationstechnologie in den Entwicklungsländern plädiert, um Entwicklungsrückstand aufzuheben („the synergistic effects of information also present a challenge to the more developed countries to share their scientific and technological know how with the less developed world. A more informed, developed and equitable world will be a more peaceful world. The challenge before us is, therefore, not so much to foresee as to empower“, p. 18).

 Die Entwicklungsländer

 Als Informationsarme wurden Anfang der achtziger Jahre die Analphabeten bezeichnet, deren Anteil stetig gestiegen war. Der Anteil des sozialen und volkswirtschaftlichen Schadens wurde hoch geschätzt, wenn auch nicht genug untersucht. Die Phänomena der „Computer illiterate“ und der „funktionalen Analphabeten“ verschärften die Diskussion um die sozialen Folgen eines nicht ausreichend für die Zukunftsaufgaben gerüsteten Bildungssystems. Die Situation in den ländlichen Gebieten der USA wird hier mit der in den Entwicklungsländern verglichen. Das Phänomen informationsreich und informationsarm ist ein regionales, es ist fast nie ein nationales. Gute Beispiele dafür sind Mexiko und Brasilien. In beiden Ländern hat eine kleine Schicht von Informationsreichen, gut ausgebildete Informationsnetze mit hervorragend ausgebildetem Personal zur Verfügung, wie UNAM das Informationssystem der National- und Universitätsbibliothek von Mexiko zeigt 4). Leider hat die ökonomische Krise das nationale Programm der öffentlichen Bibliotheken nahezu beendet, das das Land mit einem Netz öffentlicher Bibliotheken überziehen sollte 5), ähnlich wie es in Portugal heute geplant war, um die Lücke zwischen hervorragend ausgebildeten Informationsreichen und Informationsarmen, sehr oft Analphabeten, zu schließen. Das Programm in Sao Paulo hingegen, „community information“, den Bürgern nach amerikanischem Muster anzubieten, scheiterte nicht aus Geldmangel, sondern weil es nicht angenommen wurde 6). Diese Art der Informationsvermittlung entsprach nicht dem kulturellen Kontext seiner Bürger. Dieses ist nur ein Beispiel für das Scheitern einer Informationsvermittlung im kulturellen Umfeld.

 Die afrikanischen Länder waren nicht immer informationsarme Länder. Ihre reiche orale Tradition, die von Generation zu Generation vererbt und erweitert wurde, informierte sie nicht nur über das, was sie zum Leben brauchten, sondern auch über ihre Geschichte und andere Länder 7). Heute werden sie mehr und mehr vom globalen Informationsfluß abgeschnitten, Lehrer aus dem Dorf verlernen Lesen und Schreiben, weil sie keine Bücher besitzen 8). Wissenschaftler verlassen das Land und intellektuelles Potential verarmt. Besonders dramatisch zeigt das Beispiel Nigeria die Informationsverarmung, die nicht auf einem Mangel an Ressourcen, sondern auf einer Mißwirtschaft beruht, in dem die Ressourcen verschleudert und außer Landes gebracht werden 9), da gerade Nigeria zu den Ländern gehörte, das vor ca. zwanzig Jahren ein gut funktionierendes Informationssystem mit der dazu gehörigen Ausbildung aufbaute. Die Diskussion um den falschen Einsatz von Informationen um globale Krisen, deren Verursacher die sogenannten „westlichen“ gut informierten Gesellschaften sind, die ihr Wissen nicht richtig anwenden, trifft meiner Meinung nach nicht den Unterschied zwischen informationsarm und informationsreich. Die Konsequenz, die aus falsch angewandtem Wissen gezogen wird, müßte eine ethische Forderung sein. Wenn z.B. die Akademie der Wissenschaften in Serbien den Krieg in Jugoslawien strategisch geplant hat, kann nicht die Information über diese Strategie verschlossen werden, was beim grenzüberschreitenden Datenfluß auch nicht mehr möglich ist, sondern der Umgang mit den Informationen muß neu gelernt und definiert werden. Diese Forderung muß heute in erster Linie an die Informationsreichen gestellt werden: wie Reichtum verpflichtet, sollte Informationsreichtum von Verantwortung getragen werden.

 Globalisierung Informationsarmut – Informationsreichtum

 Informationarmut und Informationsreichtum sind heute also teilweise noch ein regionales Problem, aber das ändert sich auch – innerhalb einer Region – d.h. Regionen mit gut ausgebildeten Informationssystemen verarmen mit wirtschaftlichen, ökonomischen und kulturellen Folgen bis hin zur Anarchie wie Nigeria zeigt. Informationsarmut kann bewußt oder unbewußt als Mittel eingesetzt werden, um Regionen von der wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung abzuschneiden. Informationsarmut kann die Folge von fehlenden Ressourcen sein, weil Informationsreichtum immer Investitionen verlangt, so daß bei fehlendem Kapital daran gespart wird, was wiederum Informationsarmut und sehr oft wirtschaftliche Armut zur Folge hat. Hierfür einige Beispiele aus Ostdeutschland und Mittel- und Osteuropa.

 Ostdeutschland

 Wie u.a. der Bericht der Stiftung Lesen zeigt, waren bis 1993 fast alle Bibliotheken der Gewerkschaften, alle Informationszentren und ein großer Teil der öffentlichen Bibliotheken geschlossen worden 10). Die großen Transferleistungen Westdeutschlands betrafen in erster Linie die akademischen Bibliotheken, d.h. die Universitätsbibliotheken, da sie auch zum großen Teil über das damalige BMBW liefen, das auch die Bund-Länder-Kommissionen ins Leben gerufen hat, wie später die Buchgeschenke der Bundesrepublik an die akademischen Bibliotheken in Mittel- und Osteuropa gingen. Das heißt, daß ein großer Teil der Bevölkerung, deren Informationsbedürfnisse größer waren als das je im westlichen Teil Deutschlands der Fall war, die gewohnten Informationsquellen nicht mehr zur Verfügung standen. Waren Bibliotheken „reformiert“ worden, z.B. mit Geräten ausgestattet, so konnte man oft damit nicht umgehen oder führte z.B. angeblich „gezwungen“ Systeme ein, die dann erst recht zu einem Chaos führten, so z.B. das Regensburger System in einigen Institutsbibliotheken der Humboldt-Universität zu Berlin. Viele soziale und kulturelle Probleme heute beruhen auf dieser Ausgangslage. Hinzu kommt, daß der „Habitus“ jedes einzelnen Menschen sozial und kulturell determiniert ist und daß für die Deutschen in Ostdeutschland wie für alle in Mittel- und Osteuropa dieser Kontext zerbrochen war. Desto mehr wäre Beratung und Information – und zwar vor Ort – notwendig gewesen. Das Koordinatensystem des „Operationalization of Way of Life“ war wirkungslos und ersetzt worden 11), weder durch einen inoffiziellen zweiten „Markt“, wie er z.B. in Brasilien existiert, noch durch staatliche Einrichtungen auf kommunaler oder zentraler Ebene. Dabei wird das Problem oft verdeckt und nicht zur Kenntnis genommen. Die heute bestehenden Probleme beruhen teilweise auf einen gravierenden Unterschied zwischen Informationsarmen im Osten und Informationsreichen im Westen Deutschlands.

 Mittel- und Osteuropa

 Es sollten nur einige Grundtendenzen in den Ländern Mittel- und Osteuropas aufgezeigt werden. Dabei möchte ich betonen, daß die Länder sich sehr verschieden entwickeln und noch entwickeln werden. Ich möchte hier keine Zukunftsprognosen geben. Das haben viele und wichtigere Leute vor mir getan, die meisten Prognosen waren falsch, ich verweise z.B. auf Bulgarien.

 Es sieht so aus, als ob die Tschechische Republik sich zu einem informationsreichen Land entwickeln wird. Das wird nicht nur durch die vergleichbar gute Wirtschaftslage bedingt, sondern in der Tschechischen Republik kommen bestimmte Faktoren zusammen:
Es ist ein Land mit einer alten Lese- und Bibliothekskultur. Einer der ersten Bibliotheksgesetze Europas wurde in der Tschechischen Republik in Kraft gesetzt. Man ist sich bewußt, daß die „Informiertheit“ der Bürger als Basis für Entscheidungen, z.B. im wirtschaftlichen Handeln nicht vorhanden ist und eingeübt werden muß. Man lese die Zeitschrift INFOCUS. Dies ist auch ein Manko der jungen Parlamentarier 12) und das wird erkannt.
Man hat die öffentlichen Bibliotheken nicht geschlossen, wohl aber die großen regionalen, wissenschaftlichen Bibliotheken umgewandelt oder ausgehungert. Dieses Modell paßt nicht in das kleine Land, es war ein sowjetisches Modell, trägt wiederum zur Zeit die Informationskultur in Rußland.
Dies ist der wichtigste Punkt. Man kooperiert. Gezwungen durch einen harten ökonomischen Kurs einerseits und der Geschicklichkeit, Stiftungsgelder zu erhalten, weiß man, daß man auf Kooperation angewiesen ist. Die Tschechische Republik ist das einzige Land in Mittel- und Osteuropa, in dem die Akademie der Wissenschaften und die Nationalbibliothek zusammenarbeiten. Diese Zusammenarbeit ist der Nukleus eines Netzes, das jetzt auch auf die Slowakei ausgedehnt ist. Damit ist die Grundanforderung für Netzbildung erfüllt. Diese können nämlich nicht politisch verordnet werden, und ihre Abgrenzung nach Landesgrenzen ist meistens auch nicht sehr erfolgreich, sondern sie wachsen aufgrund guter Kooperation.
ist fast genauso wichtig: Man setzt auf Aus- und Fortbildung und legt diese breit an, sie umfaßt fachliches Wissen, Beteiligung an internationalen Konferenzen, aber auch den engen Kontakt mit den Kunden 13).
darf nicht vergessen werden, die Tschechen waren einerseits immer ein technisch sehr begabtes Volk, andererseits waren die Verflechtungen mit anderen Ländern wie Österreich, Ungarn, Polen, Rußland und Deutschland nur in den letzten Jahren unterbrochen 14), d.h. die Tschechische Republik ist von ihrer Tradition her europäisch, international.

 Wenn man jetzt sagen würde, alle anderen Länder in Mittel- und Osteuropa sind „informationsarm“, so wäre das falsch. Sie sind buchorientiert, aber nicht alle durch eine Parteiideologie fehlgeleitet. Es ist aber ganz offensichtlich, daß Länder, die besonders abgeschottet waren, zu den Ärmsten der Informationsarmen gehören, wie Rumänien, Bulgarien und Albanien. Diese sind nicht nur informationsarm, weil ihnen keine Ressourcen zur Verfügung stehen, sondern weil in den meisten Fällen, sie auf sich selbst zurückgeworfen, ihr eigenes Weltbild geformt haben, ohne im Diskurs mit einem Nachbarn, geschweige mit einer Beteiligung an einem Netzwerk 15). Ein besonders erfreuliches Beispiel für eine Wandlung von einem informationsarmen zumindest zu einem „informationswohlhabenden“ Land ist Estland 16). Estland war unglaublich vom Informationsfluß abgeschnitten, die Medizin war auf steinzeitlichem Stand. Das Land hat sich konsequent geöffnet, sehr effektive Hilfe von Finnland erfahren und zwar in einer idealen Verknüpfung von Mensch und Maschine. Daher ist es besonders fatal, daß eine nationale Gesetzgebung zur Zeit in den baltischen Ländern dabei ist, Bürger zweiter Klasse zu schaffen. Dieses zeigt eine kulturelle Identitätskrise, der man auch in anderen Ländern wie z.B. der Slowakei begegnet. Das „Wir-Gefühl“ der Gruppe wird gesucht – man vermeidet eine Auseinandersetzung mit anderen Gruppen und Lebensformen. Informationswohlstand kann dem entgegenwirken. Zugang zu den Informationen und Kenntnis über den Mitmenschen führen über Toleranz zur aktiven Auseinandersetzung mit anderen Kulturen und Lebensformen. Dies kann Nationalismen entgegenwirken und ist eine der wichtigsten Forderungen der Gegenwart.

 Zusammenfassung

 Der noch bestehende regionale Unterschied zwischen Informationsarmen und Informationsreichen wird einer Globalisierung des Problems weichen. Wenn auch zukünftig der Einsatz hochwertiger Technologie Voraussetzung für Informationsreichtum ist, so wird das Phänomen der Informationsarmut auch bei bestehenden Ressourcen in hochentwickelten Ländern auftreten, wie z.B. den USA und Deutschland. Für die Entwicklung einer informationsreichen Gesellschaft sind Schnittstellen zwischen Mensch und Maschine, zwischen technologischen Möglichkeiten und Wissen und Weisheit notwendig. Menschen, denen die Informationen zur Verfügung stehen, ohne daß sie über ein Koordinatensystem verfügen, das sie ständig korrigieren, sind informationsarm. Wenn Menschen über dieses Koordinatensystem verfügen, dann wird die Angst vor einem kulturellen Europa oder einer Globalisierung, einer aktiven Auseinandersetzung mit anderen Lebensformen weichen. Dazu benötigen wir öffentliche Bibliotheken oder vergleichbare Einrichtungen 17) und eine neue Diskussion über das Wissen und das „Lebenslange Lernen“ 18). Das ist um so notwendiger, weil Offenheit und Netzwerkbildung die Grundvoraussetzungen für Informationsreichtum sind. Neue Nationalismen und Heilslehren bedrohen dies von innen und außen wie die Entwicklungen in der Slowakei, Bulgarien und Kasachstan zeigen, eventuell auch in Deutschland. Nur allgemein zugängliche Informationen erlauben eine aktive tolerante Auseinandersetzung mit anderen Lebensformen und die Anwendung von Wissen und Können. Dieses ist aber nur auf ethischer Grundlage möglich. Gut informierte, wissende Menschen und Gesellschaften ohne ethische und soziale Bindungen sind für jedes Gemeinwesen gefährlich – es gibt dafür unzählige historische Beispiele – besonders in unserem Jahrhundert.

 Thesen

 

  1. Ohne Ressourcen entsteht Informationsarmut. Dabei gibt es viele Unterschiede und Schattierungen. Die unterste Stufe ist „Analphabetentum“, weil es keine Bücher gibt (Entwicklungsländer u.a. afrikanische Länder).
  2. Ohne technische Ausrüstung und Einstieg in die neuen Medien entstehen neue Schichten von Informationsarmen (siehe Mittel- und Osteuropa).
  3. INTERNET und andere neue Medien sind ein demokratisches Mittel, das den „gap“ zwischen Informationsarmen und Informationsreichen verringern könnte. Es ist aber ein Weg. Eine Verbesserung der Netzwerke zwischen den Bibliotheken und ein billigeres und einfaches „document delivery“ ist notwendig, damit nicht neue Informationsarme entstehen, vor allem in Osteuropa sind Wissenschaftler mehr denn je von den Informationen ausgeschlossen.
  4. Informationsarmut kann auch in noch entwickelten Staaten wie z.B. den USA und Deutschland entstehen, durch die mangelnde Beherrschung von kulturellen Grundtechniken (wie Lesen), durch regionale Unterschiede, wie z.B. Stadt und Land oder zunehmend durch eine nicht bewältigte Transformation des kulturellen Umfeldes, z.B. in Ostdeutschland.
  5. Informationsarmut entsteht, wenn trotz guter Ausstattung nicht der Kontext von Wissen und Erfahrung gegeben wird und wenn Aus- und Fortbildung versäumt, die neuen Medien in das „Leben“ und den „Habitus“ zu integrieren. Hier sind neue Formen der Fortbildung gefordert, wie z.B. im „Lebenslangen Lernen“ angedacht wird.
  6. Informationsarmut entsteht in geschlossenen Gesellschaften. Sie entsteht auch in Gesellschaften, in denen der öffentliche und private Diskurs fehlt. Die beste Ausstattung kann nicht die permanente Prüfung der Informationen im persönlichen Austausch ersetzen.
  7. Globalisierung und Internationalität können im schlimmsten Fall zu neuen Heilslehren und undemokratische Sichtweisen führen. Sie können ängstigen und den Rückzug in die eigene Gruppe fördern. In einem offenen und lebendigen Kontext des Lebens jedes Einzelnen sind informationsreiche Mitglieder den Transformationen einer globalen Gesellschaft gewachsen. Dieses muß aber auf einer ethischen Grundlage geschehen. Informationen an sich sind wertfrei. Ihre Anwendung und Integration im Wissen erfordert verantwortlich Handelnde.
Literatur

 

  1. La Caille John, Patricia: The rural information center assists local communities. Library Trends-Urbana Champaign 44 (1995) 1: 152-175. (Adresse: Patricia La Caille John, Rural Information Center, National Agricultural Library 10301, Baltimore Boulevard, Beltsville MD20705-2351)
  2. Barron, Daniel D.: Staffing rural public libraries: The need to invest in intellectual capital. Library Trends, Vol. 44, Nr. 1, 1995: 77-87.
  3. Tehranian, M.: Technologies of power: Information machines and democratic prospects, Norwood NJ: Ablex 1990.
  4. s. die Schriften von Rosa Maria Fernandez Zamora.
  5. el programa nacional de bibliotecas publicas 1983-1988 y el centro bibliotecario nacional. Bibliotheca Publica de Mexiko. Direccion General de bibliothecas SEP. Mexiko 1988: 67 S.
  6. May Negrao Brocking (und) Sonja Regina Ceu Bertonazzi: Public Libraries, information and citizenship, IFLA Stockholm 1990: 88 LATAM 3E.
  7. „wenn ein Griot stirbt, stirbt eine Bibliothek“.
  8. Simon, Elisabeth: Sie brauchen Bücher, Bücher, Bücher. Impressionen bei einer Reise durch einige Länder Afrikas. BuB 42/9, 1990: 756-59.
  9. alle Informationen über Nigeria beruhen auf langen Gesprächen mit Prof. Seidensticker, Dean an der Universität von Maiduguri. Prof. Seidensticker ist im Februar dieses Jahres verstorben, daher keine Veröffentlichung über dieses Thema. s. auch Ifidon, Betty: Regent developments in Nigerian Academic Libraries. Libri 1995, Vol. 45: 186-198.
  10. Simon, Elisabeth: The demands on information services and sources in East Germany: The problem of achivievin development in an Eastern style economy in order to compete with western style economy in: The European Business Information Conference 1993. Proceedings, 1993: 113-124.
  11. siehe dazu: Reijo Savolainen: Every day Life Information Seeking: Approaching Information Seeking in the Context of „Way of Life“. Libr. Inf. Sei Res (LISR) 17, 1995: 3:259.293. (Adresse: Reijo Savoainen, University of Tampere, Department of Information Studies. P.O.Box 607, FIN 33101 Finnland liresa@uta.fi)
  12. Shelagh Fisher and Tony Oulton: Information for decision making: The DECIMAL project. Library Review 44, 8/1995: 10-19.
  13. Rawley, Jennifer: Contextual issues for education in library and information studies in England for the year 2000. Library Review, Vol. 44, Nr. 8/1995: 49-55.
  14. vergl. dazu: Thun, Hans-Peter: Surplace-Seminar Informationsmanagement für Bibliothekare und Informationsfachleute aus der Tschechischen Republik 2.-7.4.1995, Schloß Liblice, Bibliotheksdienst 29, Jg. 1995: 1094-98.
  15. Simon, Elisabeth: Wir müssen lernen zu kooperieren. Eindrücke aus Rumänien, BuB 46, 1994: 66-68.
  16. Simon, Elisabeth: Bibliotheken und bibliothekarische Institutionen in Estland. Bibliotheksdienst 26, 1992: 1355-62.
  17. Allred, John: Libraries open learning for life; wird veröffentlicht in den Proceedings des Seminars der Biblithekarischen Auslandsstelle: Die Bibliothek als Ort des lebenslangen Lernens, deutsch-englische, 1996.
  18. Dohmen, Günther: Das lebenslange Lernen. Leitlinien einer modernen Bildungspolitik. Bonn: Bundesministerium für Bildung, Wissenschaft, Forschung und Technologie, 1996, 114 S.

Ein weiterer Text zu diesem Thema von Wolfgang von Keitz, 18.10.1996

 

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