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Diskussionsbeiträge

Internet: Zugang und Nutzen

Prof. Dr. Harald H. Zimmermann, Saarbrücken

Vortrag anlässlich der ‚Internet-Informationstage‘ der IHK, Saarbrücken
am 15.7.1997

D43ZIZN1.htm 1997-07-15 – neue Rechtschreibnorm –

Einführung

In diesem in die Internet-Thematik einführenden Vortrag werden keine informationstechnischen Detailfragen behandelt, etwa der Art: welches Modem kommt in Frage, sollte man besser einen ISDN-Anschluss wählen; welche Provider von Zugangspunkten gibt es in meiner Region; wie soll ich meine Informationen anbieten; welcher Server oder PC kommt für mein Unternehmen in Betracht … Dies und praktische Auskünfte, z.B. zu den Kosten eines Internet-Anschlusses bzw. eines unternehmenseigenen Angebots, bleiben den entsprechenden Spezialisten überlassen. Letztendlich sind derart konkrete Fragen nur im Rahmen einer individuellen Beratung zu klären. Dies gilt insbesondere für die Frage der Verfahrensweise und der Kosten eines eigenen Angebots.

Ich setze im Übrigen voraus, dass die meisten der Zuhörer zumindest angesichts der zunehmenden Behandlung des ‚Internet‘ in den Medien – regional tut sich hier besonders die Saarbrücker Zeitung hervor – über ein allgemeines Grundwissen verfügen.

  • Eine erste Aufgabe sehe ich darin, die neuen informationstechnischen Möglichkeiten in eine allgemeinere Entwicklungsrichtung der Informations- und Kommunikationstechnik einzuordnen.

  • Ein zweites Thema ist die prinzipielle Frage nach dem Einsatz neuer Informationsträger unter dem Aspekt der Ersetzung oder ggf. der Ergänzung alternativer – auch neuerer – informationstechnischer Medien bzw. nach der Kombinierbarkeit bzw. Kombination verschiedener derartiger Medien.

  • Die Problematik des ‚Zugangs‘ wird anschließend – ebenfalls in eher grundlegender Interpretation – unter dem Aspekt der Fähigkeit (= Kompetenz) betrachtet, die neuen sich ergebenden Möglichkeiten für sich (als Unternehmen wie als Person / Mitarbeiter) sachgerecht zu nutzen.

  • Abschließend werden Fragen des möglichen Nutzens für ein Unternehmen angesprochen, wobei unterschieden wird zwischen Nutzungsmöglichkeiten, die mehr oder weniger alle Unternehmen betreffen, und branchen- bzw. produktspezifischen Möglichkeiten, zu denen jedoch nur einige Fälle exemplarisch dargestellt werden können.


1. Zur Einordnung des Internet in die Entwicklungen der neuen Informations- und Kommunikationstechniken

Das Internet kann heute als der Prototyp eines Mehrwertdienstes im Bereich der Telekommunikation über öffentliche Netze bezeichnet werden. Trotz seiner wachsenden Bedeutung und Verbreitung, die in erster Linie in der nicht-kommerziellen Basis des Dienstes begründet sind, handelt es sich nur um eine Variante derartiger Dienste. Als kommerzielle Dienste sind etwa zu nennen: America Online (AOL), Compuserve, T-Online, das frühere Btx bzw. DATEX-J der Deutschen Telekom, oder Minitel (in Frankreich). Alle kommerziellen Dienste verfügen inzwischen über Schnittstellen zum Internet, umgekehrt sind sie vom Internet her erreichbar.

‚Nicht-kommerziell‘ bedeutet in diesem Zusammenhang nicht (mehr), dass unmittelbar über das Internet keine kommerziellen Dienstleistungen angeboten werden können. Vielmehr stehen kommerzielle Angebote neben nicht-kommerziellen im ‚Netz‘ (wie man heute verkürzt sagt). Nicht-kommerziell bedeutet einfach: Der Betrieb des Internet-Netzes selbst erfolgt durch nicht-kommerzielle Betreiber. Dabei sorgen spezielle technische Standards, insbesondere die sog. Protokolle, d.h. für die verschiedenen Dienste vorgeschriebenen Datenstrukturen, dafür, dass der Betrieb trotz der Heterogenität und Vielfalt der am Vermittlungsprozess beteiligten Instanzen funktioniert.

Eine Eigenheit spielt beim Internet – im Gegensatz zur Struktur der kommerziellen Netze – eine besondere Rolle: Es gibt sozusagen keinen ‚Kopf‘, keinen ‚Zentral-Rechner‘, auch keine für das ganze System verantwortliche Datensammelstelle, sieht man einmal von bestimmten organisatorisch notwendigen Elementen wie der Vergabe von Adressnamen ab: Das Internet-Netz verbindet die beteiligten Informations-Server auf möglichst kurzen Wegen mit den anderen Servern. Ein Informations-Server hat dabei ggf. zwei Funktionen: Er stellt Informationen der bei ihm angesiedelten Anbieter bereit und er vermittelt eingehende Datenströme an andere Server. Die Vermittlung der Daten erfolgt mit Hilfe sog. ‚Router‘: Darunter versteht man eine Software, die aufgrund der dem Server bekannten Rahmenbedingungen ‚errechnet‘, welchen Weg ein ankommendes Datenpaket nehmen muss, um an sein Ziel zu gelangen. Man kann sich das etwa an einem U-Bahn-System mit vielen Umsteigestationen klarmachen: An jeder Haltestelle, an der man vorbeikommt, muss entschieden werden, ob man umsteigen muss, weiter fahren kann oder bereits am Ziel ist. Wenn man – zum Vergleich – dabei einen Schaffner fragen würde, könnte der etwa sagen: Sie müssen mit Linie 8 weiterfahren, an der nächsten Station fragen Sie dann wieder den Schaffner usf. Was – als Prinzip – für viele Menschen ermüdend wäre, ist beim Internet System: Daten werden auf diese Weise von Knoten zu Knoten weitergereicht. Fällt ein Knoten einmal aus oder ist der Weg überlastet, so ‚weiß‘ dies der Router und vermittelt eine andere Strecke. Was sich so umständlich anhört, geht so schnell, dass eines der ersten Bücher zum Internet den Titel ‚In 8 Sekunden um die Welt‘ trägt. Bei hohem Verkehrsaufkommen dauert es aber – wie bei der U-Bahn – schon mal länger …

Allen Telekommunikationsdiensten – dem Internet wie AOL, T-Online, Compuserve und anderen – ist eines gemeinsam: Es werden die öffentlichen Telefonleitungen genutzt. Diese sind wiederum in der Hand von Betreibergesellschaften, die diese Dienstleistungen zudem nicht kostenlos abgeben. Es sind dies weitgehend die gleichen Gesellschaften, die bisher den akustischen (analogen wie inzwischen digitalen) Telefondienst als Dienstleistung betreiben, in Deutschland also derzeit die Telekom, soweit Kabel genutzt werden. Es ist zwar – im Rahmen der allgemeinen Deregulierungskonzepte der Länder – damit zu rechnen, das diese TELEKOMs privatisiert werden und auch ihre ‚Kabel‘ anderen Betreibern ggf. zur Nutzung bzw. Mitnutzung bereit stellen müssen (gilt für Deutschland ab 1998), so dass letztendlich – wie man hofft – der damit einsetzende Mitbewerb auch zu günstigeren Preisen für den Endnutzer führt, doch ‚kostenlos‘ wird dieser Basisdienst nicht zu haben sein. Bei jeder Internet-Nutzung bzw. Nutzung eines anderen Dienstes verdient also der Betreiber des Basisdienstes mit – ob direkt, d.h. im Rahmen der Telefonabrechnung mit dem Endnutzer, oder indirekt, d.h. über einen Anteil an den Einnahmen des speziellen Dienstebetreibers.

Es besteht hier nicht die Möglichkeit, die gesamte Kommunikations-Infrastruktur vorzustellen. Dennoch muss man sich kurz klar machen, wie sie ‚im Prinzip‘ funktioniert: Von dem Standort des Endgerätes (dies kann der Standort des Unternehmens, bei Telearbeitsplätzen oder bei privater Nutzung auch die Privatwohnung usf. sein) wird eine Telefonverbindung zum nächsten Einwählknoten in das jeweilige Netz hergestellt. Hierzu fallen für die Dauer der Verbindung die zeit- und entfernungsabhängigen Gebühren an, wie man sie vom Telefonieren her kennt. Nachts ist die Verbindung üblicherweise preisgünstiger; je näher zum Standort der Einwählknoten in das jeweilige Netz ist, desto geringer sind die Kosten. Optimal ist ein Einwählknoten im Ortsnetz des Nutzers. Hat man diesen sog. POP (d.h. den Point of Presence) eines Dienste-Anbieters erreicht, werden die zusätzlich anfallenden Leitungsgebühren meist über eine Kombination der Verweilzeit im jeweiligen Netz und das zum Nutzer transportierte Datenvolumen errechnet. Letzteres wird – da man es spätestens an dieser Stelle mit digital kodierten Daten zu tun hat, ob dies nun Texte, Ton, Stand- oder Bewegbilder sind – in Bits oder Bytes (1 Byte = 8 Bits) berechnet. Je mehr Daten man also abruft, umso teurer wird die Interaktion. Es ist also beispielsweise nicht ganz gleichgültig, was diese Kosten anbetrifft, ob man nur zeichenkodierte Texte (mit relativ geringem Datenvolumen: eine DIN-A4-Seite hat rd. 2 Kilobyte oder 20.000 Bits), Graphiken, Audio-Daten oder Bewegbilder abruft, wo das Volumen durchaus im Megabit-Bereich und deutlich darüber liegen kann.

Üblicherweise wird ein Unternehmen – auch ein kleineres – zunächst seine Datenkommunikation innerbetrieblich organisieren, indem die Mitarbeiter-PCs über einen Server und ein lokales, innerbetriebliches Netz (Local Area Network, kurz LAN) miteinander vernetzt werden. Als gängige Netzsoftware werden heute etwa Novell oder Windows NT eingesetzt. Über dieses Netz bzw. den entsprechenden Server wird dann der externe POP angewählt, so dass nicht jeder Arbeitsplatz über eine Schnittstelle zum öffentlichen Netz verfügen muss. Ehe man also als Unternehmen eine Verbindung zum Internet oder anderen Informationsnetzen herstellt, ist die innerbetriebliche Vernetzung sicherzustellen.

Bislang habe ich in erster Linie die Nutzerseite behandelt. Hier wird in nahezu jedem Falle – d.h. gleichgültig, ob man den Internet-Mail-Srvice benutzt oder einen entsprechenden Dienst z.B. bei T-Online in Anspruch nimmt, standardmäßig die Möglichkeit geboten, den sog. elektronischen Mail-Service zu nutzen (E-Mail). Über eine E-Mail-Adresse, verbunden mit einer im LAN oder auf dem PC installierten E-Mail-Software, ist man in der Lage, elektronische Post zu versenden oder auch zu empfangen. Die Einrichtung einer E-Mail-Funktion und die Nutzung i.S. eines Abrufs des weltweiten Angebots von Informationsdiensten stellen heute eigentlich schon eine Selbstverständlichkeit dar, wobei für das Unternehmen der spezifische Aufwand im Vergleich zu den Kosten einer innerbetrieblichen Vernetzung fast vernachlässigbar ist. Auch ein Privatnutzer hat diesen Service bei den verschiedensten Anbietern schon für wenige DM im Monat zur Verfügung.

Als Endnutzer – ob privat oder als Unternehmen – kann man das Internet nicht unmittelbar nutzen (es sei denn, man wird auch ein POP, wie etwa die Rechenzentren der Universitäten). Man benötigt einen Internet-Provider, d.h. einen Partner, der einen oder mehrere der schon genannten POPs (Einwählpunkte) darstellt. Auch dieser wird für seine Dienste ein entsprechendes Entgelt verlangen. Dieses staffelt sich in aller Regel nach den Dienstleistungen. Die einfachste und preiswerteste Nutzung ist dabei die des E-Mail-Dienstes und der Möglichkeit, im Internet zu ’surfen‘. Der Internet-Provider rechnet dabei in der Regel mit seinen Kunden über eine Monatspauschale ab, die auch ein gewisses Freikontingent – gerechnet in Megabyte (MB) – an Datenvolumen umfasst. Die meisten Internet-Provider bieten auch die Erstellung und Betreuung eines Unternehmens-Angebots im Internet an, d.h. die Gestaltung der Unternehmens- Homepage und entsprechender WWW-Seiten in diesem speziellen Multimedia-Dienst des Internet. Einen entsprechenden Service gibt es natürlich auch in den kommerziellen Netzen. Hierbei spielen das Datenvolumen (bei WWW: die Anzahl der sog. Web-Seiten), insbesondere aber auch die Tatsache eine Rolle, dass der Anbieter auch dafür zahlen muss, wenn Kunden auf seinen (virtuellen) Web-Server zugreifen. Hierbei können die monatlichen Kosten schon auf mehrere 1000 DM ‚auflaufen‘.

Die Interaktionsmöglichkeiten, die mit diesen Netzen allgemein verbunden sind, ermöglichen es, durch Anwahl der jeweiligen Adresse im Internet frei verfügbare Daten abzurufen, aber auch Geschäftsprozesse mit Partnern zu vereinbaren und durchzuführen. Diese Möglichkeiten des elektronischen Geschäftsverkehrs wird seit Jahren unter dem Terminus des Tele-Selling behandelt. Zu nennen ist hier exemplarisch das Electronic Banking (das aus einer Reihe von Gründen heute meist über kommerzielle Netze abgewickelt wird), die Palette – die sich laufend erweitert – reicht bis zum Einkauf / Verkauf von Waren über elektronische Kataloge oder zur Buchung von Pauschalreisen.

Diese Nutzungsart (E-Mail, Informationsabruf, Kundenrolle beim Tele-Selling) ist zu unterscheiden von der Möglichkeit, selbst als Anbieter von Informationen aufzutreten oder Waren über ein Tele-Selling zu vertreiben. Auch diese Möglichkeit ist allen Netzen gemein; welches Netz man sich für sein eigenes Informationsangebot aussucht, ist angesichts der zunehmenden Verknüpfungsmöglichkeiten der Netze untereinander eher sekundär. Da jedoch die elektronischen Suchdienste (Suchmaschinen, Indices) meist auf ein Netz beschränkt sind, ist man in dem Falle, in dem man an zunächst anonymen ‚Kunden‘ interessiert ist, eine unmittelbare Präsenz im Internet (im Internet-Dienst WWW also die Einrichtung einer sog. Homepage zumindest als Einstiegspunkt) zu empfehlen. Hierzu wird man sich – wie schon im Rahmen der Kostenfrage angesprochen – eines entsprechenden Providers bedienen, unter dessen Dach man sein Angebot einrichten kann. Zu den dabei anfallenden Kosten wurden oben bereits einige Ausführungen gemacht.

Die Entwicklungen der Software-Ergonomie, aber auch die Orientierung an führenden Unternehmen der Software-Branche, etwa Microsoft und Apple, haben in den letzten Jahren dazu geführt, dass eine der größten Barrieren des Zugangs für Computerlaien weitgehend abgebaut wurde. War es früher noch notwendig, bestimmte Kommando- oder Interaktionssprachen, meist sogar bezüglich eines spezifischen Informationsdienstes, zu erlernen, so kann sich heute jeder mit einem Mausklick und etwas Schreibmaschinenkenntnissen (je mehr, desto besser) nach kurzer Eingewöhnung in die Technik in diesen Netzen bewegen (oder wie man heute meist sagt: zu surfen oder zu navigieren). Mit Windows und Windows-ähnlichen Oberflächen hat sich ein Standard durchgesetzt, auch bezüglich der Erklärungs- und Hilfefunktionen, der es auch in den Fällen, in denen schon eigene Gewohnheiten vorliegen, vereinfacht, mit ggf. nur leicht veränderten Navigationstechniken umzugehen. Man kann diese Variationsbreite etwa vergleichen mit den Problemen, die entstehen, wenn man als Fahrer von einer Automarke auf eine andere oder auch nur auf ein neueres Modell umsteigen muss.

Die meisten Netze haben intern noch eine proprietäre, d.h. Netzentwickler-spezifische Datengestaltung und Präsentationsoberfläche. Hier hat das Internet mit seinen Standards, v.a. dem Hypertext-basierten WWW-Standard HTML, eine führende Rolle übernommen. Auf diesen Standards der Datendarstellung und -verknüpfung operieren die gängigen Navigations- und Präsentationspakete wie Internet Explorer (von Microsoft) oder Netscape. Wer also eigene Informationsangebote gestalten und beispielsweise ins Internet einbringen will, muss diese Standards beherrschen. Bei ‚kleineren‘ Angeboten, bei denen sich ein Unternehmen etwa nach dem Muster des „Wer bin ich“ nur kurz vorstellen will (s.u.), kann man dies schon erreichen, indem man dazu einen sachkundigen Studierenden anheuert. Mit wachsendem Angebot und mit der Einbeziehung pflege- und aktualisierungsbedürftiger Daten werden andere, komplexere Formen (zum Beispiel die Einebziehung relationaler Datenbanken) und damit mehr Professionalität gefordert.


2. Zur Frage des Einsatzes neuer Informations-Medien unter dem Aspekt der Ersetzung oder (eher) der Ergänzung alternativer – auch neuerer – Medien bzw. nach der Kombinierbarkeit verschiedener derartiger Medien.

Sieht man von der Visitenkarten-Frage einmal ab (es gibt schon den – etwas fragwürdigen – Slogan: wenn ein Unternehmen nicht im Internet präsent ist, so ist dies so, als habe es keine Visitenkarte), so hat man zunächst zu prüfen, inwieweit (zum jeweiligen Zeitpunkt) dieses neue Informations-Medium die bestehenden eigenen Aktivitäten ergänzen oder zumindest teilweise ersetzen kann. Zu den herkömmlichen Informations-Medien rechnen etwa Prospekte, Preislisten, Handbücher, aber auch Werbemaßnahmen über Zeitungsanzeigen. Wenn im Folgenden – aus praktischen Gründen – von ‚Internet‘ die Rede ist, so sind meist die anderen – kommerziellen – Dienste mit gemeint. Beim Internet-Bereich konzentriere ich mich auf den E-Mail-Service und das World-wide Web (WWW).

Ich möchte diese Frage zunächst am Beispiel der Öffentlichkeitsarbeit und des Marketing erläutern: Es wird sicherlich einmal der Zeitpunkt kommen, zu dem praktisch jeder Haushalt (und natürlich jeder Geschäftspartner) einen technischen Zugang zum Internet haben, also eine weitgehend flächendeckende Nutzungsmöglichkeit vorhanden ist. Anders als etwa bei der Zeitung / Zeitschrift – wo man weitgehend unmittelbar auf einen Artikel oder eine Werbung stößt – muss jedoch ein Nutzer eine zusätzliche Aktivität entwickeln (und dazu entsprechend motiviert sein oder werden), um von einer Referenz (dies kann eine explizite Internet-Adresse oder ein sog. Link und damit ein Mausklick sein) zu der intendierten Information zu verzweigen. Kennt er keine derartige Adresse, hat aber von sich aus einen entsprechenden Informationsbedarf (etwa den Wunsch, ein Auto zu kaufen, eine Wohnung zu mieten, oder auch von einem Anwalt beraten zu werden …), so kann er versuchen, mit Hilfe von Stichwörtern solche Adressen über eine der Suchmaschinen oder auch eine Art Clearingstelle ausfindig zu machen. So sind beispielsweise im Internet – übrigens betreut durch einen saarländischen Internet-Provider – im Rahmen des Angebots des deutschen Anwalt-Vereins alle Namen, Spezialgebiete und Adressen deutscher Anwälte such- und abrufbar. Werbung im ‚klassischen Stil‘ – etwa in der Art einer Anzeige in einer Zeitschrift, auf die man beim Blättern fast automatisch stößt – ist im Internet kaum möglich. Eine gewisse Ausnahme macht allerdings die sog. Banner-Werbung, die an häufig aufgesuchten Internet-Adressen (besonders bei Suchmaschinen) angesiedelt ist. Neuerdings wird dem Nutzer auch ein Profil-Informationsdienst angeboten, der ihn nichts kostet, wenn er in einem Fenster dargestellte Werbung ‚toleriert‘.

Diesem äußeren Nachteil stehen jedoch viele Vorteile gegenüber: Es gibt kaum Platzbeschränkungen, sieht man von ergonomischen Erfordernissen ab. Es können Text, Ton und (Bewegt-)Bild kombiniert werden; zudem kann beispielsweise bei Bedarf nach Nutzergruppen unterschieden werden (etwa inkl. mehrsprachiger Darstellungen). Man muss heute zwar noch relativ niedrige Übertragungsgeschwindigkeiten und -kapazitäten in Rechnung stellen, da der Übertragung zum Endnutzer in der Regel das schmalbandige Telefonnetz zugrundeliegt, so dass Bewegtbildübertragungen und z.T. auch akustische Informationen zumeist nicht ‚realtime‘, d.h. unmittelbar in Echtzeit, erfolgen, sondern auf dem PC des Nutzers zwischengespeichert werden müssen (und sich natürlich auch die Datenvolumen und damit die Kosten auf Nutzerseite beträchtlich erhöhen), doch wird sich dieses Problem mittelfristig lösen lassen.

Die Beantwortung der Frage, inwieweit auf herkömmliche Informationskanäle oder -produkte verzichtet werden kann, hängt einerseits mit der schon angesprochenen Flächendeckung des neuen Mediums ab. Andererseits bieten Druckwerke (etwa Broschüren) den Vorteil, bei beliebiger verfügbarer Lichtquelle, d.h. ohne zusätzliche technische Hilfsmittel, verwendbar zu sein. Damit bleiben etwa Prospekte zumindest für eine längere Zeit noch ein wichtiges Informationsmaterial, auch Inserate in Druckwerken bleiben wichtig, doch wird man dabei – soweit vorhanden – auf elektronische Informationsquellen – etwa Internet-Adressen – verweisen. Dies ist eine heute schon vielfach geübte Praxis, etwa seit Jahren schon bei Minitel. Ein wichtiger Vorteil elektronischer Medien liegt in der Möglichkeit, absolut aktuell zu sein. Dies setzt allerdings voraus, dass man sein Angebot entsprechend pflegt, also eine Organisationsform, die diese Aktualität sicherstellt.

Der Charakter der Internet-Seiten (im WWW) ist weniger als plakativ, vielmehr eher als informativ zu bezeichnen (oder sollte es wenigstens sein). Dies bedeutet, dass das Design in erster Linie die Vermittlung von Sachwissen unterstützen und nicht zum Selbstzweck werden sollte. Man spricht in diesem Zusammenhang von der sog. Informationsqualität: Informationen sollen gut gegliedert, sachlich und verständlich sein.

Die spezifischen Strukturierungs- und Präsentationsmöglichkeiten der neuen Informations-Medien (v.a. bezüglich der Hypermedia-Fähigkeiten) lassen es zudem wenig sinnvoll erscheinen, etwa vorhandene (textuelle) Unternehmensdaten 1:1 in das Netz zu übernehmen. Dies gilt v.a. für umfangreichere Beschreibungen und Darstellungen. Man spricht in diesem Zusammenhang von der Transaktionsqualität: Informationen müssen für das jeweilige Medium passend aufbereitet sein. Hierbei ist allerdings auch darauf hinzuweisen, dass eine Aufteilung eines argumentativ zusammenhängenden Textes in viele kleine Hypertexteinheiten nicht unbedingt der Lesbarkeit und Verständlichkeit dient.

Eine (eher oberflächliche) Analyse der Praxis zeigt, dass diesen Anforderungen vielfach nicht entsprochen wird: Dies mag daran liegen, dass viele Anbieter (darunter auch größere Unternehmen) an ihre Internet-Präsenz eher mit der Vorstellung herangehen, ‚dabei zu sein‘ (Visitenkarte), als dass sie darin schon ein unternehmensstrategisch wichtiges Informations- und Kommunikationsinstrument sehen. Wenn also lt. Umfrage einer Fachzeitschrift (Business Computing) heute schon fast 40 % der befragten Unternehmen im Internet oder vergleichbaren Netzen präsent sind und weitere 35 % eine solche Präsenz planen, so kann dies viel oder wenig aussagen. In jedem Falle spricht es aber für das wachsende Interesse, die neuen Informationsmöglichkeiten für betriebliche Zwecke zu nutzen.


3. Zur Problematik des Zugangs zu den neuen (interaktiven) Informations-Medien

Wie einleitend schon kurz angesprochen sehe ich die Frage des Zugangs zu den neuen interaktiven Informations-Medien in erster Linie als eine Kompetenzfrage an, diese neuen Medien – im allgemeinsten Sinne – angemessen zu nutzen. In dem freien ‚Surfen‘ im Internet kann man natürlich durchaus einen Sinn sehen. Ein gutes aktuelles Beispiel ist die Bereitstellung und Nutzung der von der Raumsonde Pathfinder gefertigten Bilder von der Marsoberfläche. Es bedeutete wohl für Millionen schon einen gewissen „Kick“, sozusagen hautnah dabei zu sein (und der NASA hat diese erfolgreiche Expedition und die Bereitstellung der Bilder im Internet sicherlich ein Positiv-Image beschert). Wenn man nicht wissenschaftlich mit dieser Thematik befasst ist, würde im Grunde eine zeitlich verzögerte Veröffentlichung der Bilder in einer Wochenzeitschrift sicherlich auch genügen.

Das Hauptproblem beim Zugang zu den neuen Informations-Medien (v.a. angesichts der wachsenden Vielfalt der Angebote im Internet) sehe ich in der Begrenzheit des (individuellen) menschlichen Aufnahmevermögens. Letztendlich bedeutet das Internet – selbst wenn theoretisch alles menschliche Wissen – historisch wie aktuell – darüber bereit gestellt würde – und zudem noch in deutscher Sprache – in erster Linie nur einen technischen Fortschritt bezüglich der Zugangswege und -verfahren; die Selektions- und Verarbeitungsprobleme (d.h. die der adäquaten Nutzung zum Wissensfortschritt beim Individuum wie beim Unternehmen) werden sich eher verstärken. Wenn man daran denkt, wie viel Wissen in Büchern, etwa in Enzyklopädien, schon vorliegt, ohne dass man in der Lage ist, dies alles (auch nur die relevanten Teilmengen) zu verarbeiten, so kann man sich ausrechnen, dass mit dem Internet nur eine -vielversprechende – technische Variante der Wissenspräsentation entstanden ist, die inhaltlich zu bewältigen noch ansteht.

Wenn nicht bald bessere Selektionshilfen verfügbar werden, kann es sogar geschehen, dass – global betrachtet – eher Verunsicherungen eintreten: Das, was man findet, ist nicht zu verwechseln mit dem, was vorhanden ist, ohne dass man es gefunden hat. Dies erscheint manchem, der bisher gar nichts gefunden hat, immer noch besser als eben dies. Manchesmal ist aber – zumindest in informationswissenschaftlicher Betrachtung – Nichtwissen besser als sporadisches oder unzureichendes Wissen. Doch ich möchte an dieser Stelle nicht zu philosophisch werden. Eine allzu puristische Behandlung dieser Thematik ist auch wenig hilfreich.

Als kleines Fazit kann man zusammenfassen: Für die Privatperson wie ein Unternehmen bieten sich mit dem Internet und verwandten Diensten neue Möglichkeiten der Präsentation und der Wissenserschließung. Doch genügt ein technischer Zugang bei weitem nicht; man muss – privat wie unternehmensstrategisch – die Möglichkeiten und Grenzen des neuen Dienstes kennen lernen und dann schrittweise Erfahrungen sammeln. Eine Euphorie, wie sie heute teilweise durch die Medien vermittelt wird, ist wenig hilfreich.


4. Zur Frage des möglichen Nutzens für ein Unternehmen

Wie einleitend schon angedeutet wurde, gibt es Teilbereiche der Nutzung, die für jedes Unternehmen interessant sind, das in irgendeiner Weise mit seiner Umwelt informationell in Kontakt treten möchte. Die Bereiche Öffentlichkeitsarbeit (Public Relations) und Marketing sind hier an erster Stelle zu nennen. Das Internet bietet eine gute Möglichkeit, die Unternehmensziele auch im Sinne einer Imagepflege bzw. einer Corporate Identity vorzustellen.

Da die Wege zum Nutzer unmittelbar sind (man braucht dafür nicht notwendig eine Vermittlungsinstanz wie die Presse) und zudem genügend Platz zur Darstellung verfügbar ist, stellt dieser Anwendungsbereich bereits so etwas wie einen Standard dar. Durch die Einbringung von E-Mail als ‚Rückkanal‘ lassen sich Kundenfragen auf einfachste Weise individualisieren und z.T. auch über Rubriken wie ‚FAQ‘ (Frequently Asked Questions) abkürzen.

Auch entsprechende Formen des Produktmarketing lassen sich hier einordnen. Dies gilt v.a. für Produkte oder -Teilbereiche, die weniger auf die individuelle Beratung abheben.

Für Unternehmen, die konkrete Produkte an ein breites Publikum vertreiben und deren Produkte relativ erklärungsarm sein können, etwa weil der Bekanntheitsgrad allgemein hoch ist, bietet sich ein Internet-Angebot zumindest auf Informationsebene, ggf. auch mit Bestellmöglichkeit an (Point of Sales, Kiosk). Ob man sich dazu einer allgemeineren Anlaufstelle bedient (Beispiel: Saarland Online der Saarbrücker Zeitung), einen Provider einschaltet oder in Verbindung mit einem POP ein weitgehend selbständiges Angebot unter Verwendung eines eigenen Rechners einrichtet, ist im Einzelfall abzuwägen.

Für bestimmte Branchen – etwa die Software-Industrie, ggf. auch die Verlags- und Informationsindustrie – bietet sich das Internet als Vertriebsweg unmittelbar an. Dabei wird ein Produkt über das Netz unmittelbar zum Anwender transportiert (elektronisches Publizieren, Video on Demand, um zwei Beispiele zu nennen) bzw. zwischen einem Kunden und einem Dienstleister über das Netz vermittelt (Beispiel: Übersetzungsservice).

Der gesamte Bereich der Telekommunikation kann sich dieser Netze inzwischen bedienen. Soweit dies auf die innerbetriebliche, ggf. auch dislozierte (d.h. verteilte) Kommunikation über öffentliche Netze beschränkt ist, spricht man von einer Intranet-Lösung. Diese verfügt jedoch auch über Schnittstellen nach außen, wobei der externe Zugang auch auf bestimmte Kundengruppen (geschützt) begrenzt werden kann (Extranet, Firewalls). Anders gesagt: ein Unternehmen kann sich der Netzarchitektur als solcher bedienen, ohne dass dies außenwirksam werden muss. Nach der oben schon angeführten Umfrageergebnissen nutzen bereits 12 % der befragten Unternehmen eine Intranet-Lösung in Ergänzung zu bestehenden innerbetrieblichen Informations- und Kommunikationsformen, auch hier ist mit einer deutlichen Steigerung in den nächsten Jahren zu rechnen.

In jeder Branche (aber z.B. auch bei den Kommunen) muss man sich inzwischen überlegen, ob, ab welchem Zeitpunkt (etwa der Marktdurchdringung) und in welcher Form (ausschließlich oder ergänzend) das neue Medium genutzt werden kann. Neben dem Electronic Banking – das hier nicht weiter behandelt werden muss – kann die Tourismusbranche als ein besonders interessantes Beispiel genannt werden. Dies gilt sowohl für die positiven Auswirkungen, die beim Endnutzer entstehen, als auch für die z.T. negativen Folgen, die v.a. beim Vermittler (dem Reisebüro) eintreten können: War bisher das Reisebüro für den Endkunden die Anlaufstelle sowohl zur Beratung als auch zur Buchung und standen dem Endkunden allenfalls meist sehr kompakte gedruckte Kataloge zur Verfügung, so bietet das Internet auf den Seiten der Leistungsträger und Reiseveranstalter zunehmend die Möglichkeit ausführlicher Informationen und der direkten Buchung. Dies kann dazu führen, dass die Reisemittler zunehmend nur noch die Rolle des Brokers (also eher des qualifizierten Beraters in schwierigen Fragen) haben, wenn sie überhaupt überleben.

Unternehmen, die sich heute überlegen, inwieweit sie mit ihren Produkten die Möglichkeiten des Internet nutzen sollten oder können, müssen sich – sieht man von den o.a. allgemeinen Möglichkeiten des PR und Marketing ab – v.a. folgende Fragen überlegen:

  • Ist die unternehmensspezifische Klientel / Zielgruppe schon frequenter Nutzer des Internet (diese Frage wird sich mit zunehmender Verbreitung relativ rasch erübrigen) ?

  • Ist der Produkt-Vertrieb sehr stark von individueller Beratung abhängig (bzw. gibt es Teilbereiche, die durch standardisierte, elektronisch-technisierte Beratungsformen abgedeckt werden können)?

  • Kann ich die Kundenzufriedenheit durch eine individualisierte Rückkopplung verbessern?

  • Für bestimmte Branchen: Kann ich mein Produkt selbst über Internet (zusätzlich) vertreiben?

Es besteht kein Zweifel, dass sich dieses neue Medium sinnvoll in unternehmerische Strategien sowohl der Kommunikation als auch des Marketing und Vertriebs einbinden lässt. Es ist jedoch für jedes Unternehmen erforderlich, sein entsprechendes Profil zu ermitteln und schrittweise in die unternehmerische Praxis umzusetzen.

Wenn ich eingangs darauf verwiesen habe, dass in meinem Beitrag keine Übersicht über konkrete Kosten bzw. das regionale oder gar überregionale Angebot von Beratungs- und Betreuungsunternehmen gegeben werden kann, die einem Unternehmen dabei helfen können, die neuen Informations- und Kommunikationsmöglichkeiten zu nutzen, so bedeutet dies nicht, dass eine solche Übersicht nicht wünschenswert ist. Ich kann mir sogar vorstellen, dass die Industrie- und Handelskammer des Saarlandes hierbei zumindest vorübergehend die Rolle eines Clearinghouse übernehmen kann. In diesem Sinne wünsche ich auch den Internet-Informationstagen der IHK einen vollen Erfolg.

 

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